Gestern startete ich auf dem BarCamp Stuttgart die Session „Politik 2….
Gestern startete ich auf dem BarCamp Stuttgart die Session "Politik 2.0 und Social Media" (Tag: "Politik2.0"). Die Idee dazu kam mir am Samstag bei der Vorstellungsrunde, als sich für mich überraschend einige Teilnehmer mit den Tags "Politik", "Grüne" oder "SPD" versahen. Heiner Wittmann hielt am Samstagnachmittag eine Session zu Politik und Blogs in Frankreich. In Frankreich tickt (nicht nur) die politische Netzkultur anders. Bereits da kam es zu Diskussionen über Politik in Deuschland.
Gestern Nachmittag leitete ich zunächst mit Vorbemerkungen in die Session ein; danach gingen wir direkt in eine intensive Diskussion über.
Vorbemerkungen
Zum Bundestagswahlkampf 2005 gab es erste neue Anfänge der Parteien und der Medien im Netz, die sich hauptsächlich auf Blogs konzentrierten. Ich war beispielsweise einer von fünf Bürgerbloggern, die auf dem Bürgerblog des WDR den Bundestagswahlkampf begleiteten. Nach der Bundestagswahl hörten fast alle Aktivitäten schlagartig auf. So war das Blog von Brigitte Zypries plötzlich nicht mehr erreichbar und verweist inzwischen auf den normalen Webauftritt.
Dieses Jahr jedoch steigt die Sichtbarkeit von Politikern wieder an – zu einem Großteil vermutlich durch die Aktivitäten in den USA. Für mich war der Twitter-Dialog von Hubertus Heil und Reinhard Bütikofer auf dem Democratic National Convention in Denver ein Schlüsselerlebnis. Mittlerweile twittert auch Volker Beck, Grüner Bundestagsabgeordneter und Erster Parlamentarischer Geschäftsführer.
Diskussion
Ich empfand die Diskussion als sehr konstruktiv, erfrischend und inspirierend. Die Aspekte und Argumente waren sehr vielfältig. Ich versuche hier, einige davon ungeordnet aufzulisten:
- Politiker sind auch nur Menschen
- Spitzenpolitiker haben einen vollen Terminplan und können nicht nur socializen.
- Politiker wollen auch ein Privatleben haben.
- Bürger wissen das (s.o.) und erwarten nicht, dass Polititker ständig und über private Details erzählen, das können auch gar nicht leisten.
- Social Media ist zeitaufwändig für Politiker
- Social Media kann Zeit sparen (z.B. direkter Kontakt mit und Nachfrage bei einem Politiker ohne drei Stunden für Fahrt und Termin im Büro des Abgeordneten verbringen zu müssen.
- Social Media kann "Hierarchien" in Politik überbrücken (von Basis zu Spitze und umgekehrt)
(Anmerkung: aber auch Silos)
- Bürger erwarten durch Social Media eine größere Nähe und aktuelle(re) Informationen
- Es geht eigentlich nicht (nur) um die "Promi-Politiker", sondern auch um den Politiker aus der eigenen Gemeinde, Stadt, Wahlkreis etc.
- Die politische Basis soll kommunizieren.
- Spitzenpolitiker können durch ihre Aktivitäten andere zu Social Media motivieren.
- Bürger erwarten persönliche Meinungen von Politikern und keine Textbausteine von der Partei / Regierung.
(Anmerkung: Ich äußerte meinen Eindruck, dass 90 Prozent der Antworttexte von einigen Politikern auf Abgeordnetenwatch.de aus Textbausteinen bestehen)
- Politiker erwarten, dass Bürger ihnen mitteilen, was konkret von ihnen erwartet wird.
(Anmerkung: Erste Hinweise könnt Ihr, liebe Politiker 1.5, dieser Liste entnehmen)
- Die breite Masse ist nicht auf Twitter oder anderen Social Media, aber Multiplikatoren tummeln sich dort.
- Die Entwicklung zu den elektronischen Massenmedien (Radio, Fernsehen) hat zur einseitigen Kommunikation durch Broadcasting geführt.
(Anmerkung: Al Gore beschreibt in seinem Buch "Angriff auf die Vernunft" sehr gut die Veränderung der politischen Diskussionskultur in den USA)
- Guter Versprecher: "Bundestagssession" :-)
- Social Media ist nicht nur Twitter (z.B. sind einige Grünen auf Facebook aktiv)
- Social Media / Netzaktivitäten müssen nachhaltig sein.
- Social Media Aktivitäten dürfen nicht nur zu reinen Kampagnen verkümmern.
- Eine "Partei 2.0" ist eine super Idee (z.B. partei20.mixxt.de, netzverbesserer.mixxt.de)
- Politik kann durch das Web verändert werden
- Keiner kannte eine zentrale Übersicht zu Politik 2.0 Aktivitäten (z.B. ein Wiki mit Links zu Abgeordneten 2.0, Plattformen o.ä.)
- Politik 2.0
soll muss weiter verfolgt werden!
Am Ende vereinbarten einige von uns, Hinweise, Seiten, Blogartikel etc. mit dem Tag "Politik2.0" zu taggen. Existierende Beispiele:
Meine
Liste ist unvollständig und möglicherweise gefärbt durch meine
persönliche Sichtweise. Ich würde mich freuen, wenn andere (Teilnehmer
vom BarCamp oder generell Leser hier im Blog) die Liste in den
Kommentaren ergänzen würden. Auch gerne subjektiv (solange netiquett und nicht ausfallend etc.).
Vielen Dank an alle Teilnehmer und insbesondere an die Twitterer, auf deren Notizen und Hinweise ich zurückgreifen konnte: @ha75, @hensch, @jokerine, @mwhiegl, @roadkill, @Zellmi. (habe bestimmt jemanden vergessen).
Nachtrag (29.09.2008)
Alexandra Graßler hat mich im Kommentar auf einen Ihrer Artikel mit Links zum Thema hinwewiesen: Politik und das Internet – eine Nachlese zum Vortrag bei der FES (FES = Friedrich-Ebert-Stiftung).
Blöderweise sehe ich ihre Kommentare zwar im IntenseDebate Dashboard – aber nicht hier unter dem Beitrag :-( Vielleicht liegt es daran, dass sie TinyUrl verwendet hat, aber ich kann die Kommentare nicht moderieren / freigeben…