You’ve Got Mail
Angeblich steht angesichts der Social Media-Ära das Ende von E-Mail unmittelbar bevor – zumindest drängt sich mir der Eindruck beim Lesen vieler Beiträge in den Sozialen Medien und den klassischen Medien auf. Doch ich glaube nicht daran.

Angeblich steht angesichts der Social Media-Ära das Ende von E-Mail unmittelbar bevor – zumindest drängt sich mir der Eindruck beim Lesen vieler Beiträge in den Sozialen Medien und den klassischen Medien auf. Doch ich glaube nicht daran.
E-Mail für mich
E-Mail ist für mich eine wunderbare Möglichkeit zur zeitverzögerten textlichen Kommunikation zwischen zwei Personen. Dazu kann ich jegliche Dateitypen an eine E-Mail anhängen und damit unter anderem Bilder, Office-Dokumente, Whitepapers versenden. Das Medium E-Mail verliert für mich seine Vorteile, sobald
- die Kommunikation in die Zusammenarbeit übergeht (beispielsweise zur gemeinsamen Bearbeitung eines Dokuments),
- Echtzeitkommunikation erforderlich ist,
- die Nachrichten für eine oder mehrere Öffentlichkeiten relevante Informationen enthalten (und es nur darum geht),
- mehr als zwei oder drei Personen beteiligt sind oder
- die Anzahl der ausgetauschten Nachrichten ein gewisses Maß an Anzahl (für mich ein subjektive Zahl) überschreitet.
Danach verliert E-Mail für mich seine Nützlichkeit in diesem Rahmen. Davor ist E-Mail eine wunderbare Möglichkeit für fachliche und soziale Kommunikation. E-Mail ist für mich also ein wunderbares soziales Medium zur zeitverzögerten textlichen Kommunikation zwischen zwei Personen.
E-Mail für mich ist außerdem ein wichtiges Medium als Informations- und Nachrichtenticker. Richtig eingesetzt erhalte ich via E-Mail Benachrichtigungen über neue Nachrichten. Diese neue Nachrichten können stammen aus
- einem Nachrichtenportal (Nachrichtenzusammenfassungen),
- einem Shop (beispielsweise ein Sonderangebot oder eine Kaufbestätigung mit PDF),
- einem anderen Sozialen Medium wie Blogs, Facebook, Xing oder Twitter,
- einem operativen System einer Organisation (beispielsweise ein ERP-System wie SAP),
- einem Newslettersystem,
- einem geschlossenen Forum (genau genommen auch ein Soziales Medium) oder
- einer von mir aufgesetzten Suchabfrage (beispielsweise aus einem Monitoring über die Erwähnung meines Namens).
Voraussetzung dafür, dass E-Mail ein hilfreicher Nachrichtenticker sein kann und nicht zum Informationstsunami wird, ist ein intelligenter Umgang mit den eingehenden Tickern. Ohne Filterregel geht für mich dabei gar nichts. Denn ansonsten spamme ich mich selbst zu und die interpersonelle Kommunikation geht dabei unter.
Tipp
Im Übrigen benutze ich als Nachrichtenticker wann immer möglich RSS anstelle von E-Mail. Somit laufen beispielsweise neue Blog- und Nachrichtenartikel, mein Monitoring und diverse Watchlists (Schlagwörter mit interessanten Themen) in meinen RSS-Reader. Das verschlankt meine E-Mailfächer und trennt persönliche Kommunikation von Information, Ticker und Recherche.
Wieso gibt es eigentlich immer noch keine RSS-Feeds beispielsweise für allgemein zugängliche Google+-Communities oder Facebookgruppen, beziehungsweise warum sind RSS-Feeds oft nur mit Tipps und Tricks zugänglich? :-(
Social Media für mich
Social Media für mich ist genau das nicht, was ich über E-Mail geschrieben habe:
- Das gemeinsame Arbeiten an Inhalten (egal ob direkt im Text oder angefügte oder verknüpfte Dokumente oder Dokumentsammlungen)
- Kommunikation in Echtzeit (ein unmittelbares Gespräch, womöglich mit Video)
- Bereitstellen von Informationen für eine oder mehrere Personengruppen ((Teil-)Öffentlichkeiten, Zielgruppen, Stakeholder etc.)
- Mehrere beteiligte Personen
- Viele ausgetauschte Nachrichten (die dann an sich nachhaltig gespeichert sein sollten)
Social Media ist für mich ein gemeinsamer andauernder Prozess, in dem Inhalte, Fakten, Meinungen und Erfahrungen ausgetauscht und entwickelt werden. Dabei bilden sich Netzwerke von Personen rund um gemeinsame Interessen.
Social Media ist für mich daher immer auch mit Öffentlichkeit verbunden. Das können auch geschlossene Teilöffentlichkeiten sein wie die Gruppen in Facebook oder die Communities in Google+ oder den Internetdinosaurieren: Newsgoups oder Diskussionsforen.
Social Media ist nicht E-Mail
Deswegen bedeutet für mich Social Media nicht das Ende von E-Mail. Selbst wenn es innerhalb einer Social Media-Plattform die Möglichkeit zum Austausch persönlicher Nachrichten gibt, dann ersetzt dies nicht die klassische E-Mail. Denn eine Plattform ist nicht das Internet, es ist nur eine Plattform im Internet.
Social Media wird die E-Mail (elektronische Post) nicht ablösen. Kein Unternehmen, sei es auch Atos, kann E-Mail durch Social Media oder eine wie auch immer geartete eigene Enterprise Social Software ablösen. Denn solche Unternehmen ersetzen lediglich ein bestimmtes Medium der elektronischen Post innerhalb des Unternehmens durch eine anderes. Das wird den falschen Umgang mit elektronischer Post nicht beheben sondern nur in einem anderem Medium fortsetzen.
Und wenn solche Unternehmen E-Mail im Unternehmen abschaffen: Wie sollen die Mitarbeiter den richtigen Umgang mit E-Mail lernen, damit sie sinnvoll und richtig via E-Mail mit Anspruchsgruppen wie Kunden, Lieferanten, Nachbarn, Journalisten, Aktionären kommunizieren können?
Sicherlich wird es irgendwann einen Nachfolger für die klassische E-Mail geben (und dieser damit endlich POP, SMTP und IMAP sterben lassen). Aber Social Media ist dieser Nachfolger nicht. Ich glaube nicht daran.
Sehen Sie Social Media als Nachfolger für E-Mail? Warum glauben Sie daran? Oder warum nicht?