Derzeit müssten zwei bemerkenswerte Entwicklungen den Arbeitgebern doch sehr zu denken geben müssten: Einerseits sind Arbeitnehmer immer mehr von ihrem Job gefrustet (obwohl die Gehälter stagnieren). Andererseits wird der Kampf der Arbeitgeber um neue und talentierte Mitarbeiter angesichts des "War for Talents" immer schwieriger und härter.
Jobfrust
Jochen Mai berichtet über eine Nachricht von Stepstone. Nach einer Befragung sind Fach- und Führungskräften über das Arbeitsklima enttäuscht. Weniger als ein Fünftel lobt die gute Arbeitsatmosphäre. Gleichzeitig liegen nach einer Hewitt-Studie die Gehaltserhöhungen im Durchschnitt nur minimal über der Inflationsrate (wie viele dürften damit wohl real eine Gehaltssenkung zu verkraften haben?).
[ Karriere-Bibel: Jobfrust – Arbeitsklima und Gehaltsaussichten mies ]
Auch Claudia Tödtmann berichtet im Management-Blog über die Stepstone-Befragung. Sie informiert über die Verkündigung des IW (Institut der deutschen Wirtschaft Köln), dass die meisten ihren Job mögen würden. Was sich zunächst widersprüchlich anhört. Sie analysiert dann jedoch einzelne Aussagen des IW und kommt zu dem Schluss:
Die Deutschen lieben offenbar ihre Arbeit durchaus, nur die Begleitumstände, die machen zu schaffen. Viel lieber würden sie in Ruhe und Frieden arbeiten – und sich auf das Wesentliche konzentrieren können: auf die Arbeit.
Von einem Hausgeräte-Monteur hörte ich es kürzlich so ausgedrückt: "Meine Arbeit macht mir Spaß, die ist die beste der Welt und ich würde sie für keinen anderen job hergeben wollen." Und dann hätten Sie mal hören müssen wie er sich beklagte: Über unsinnige Managemententscheidungen bezüglich der Auswahl der Dienstwagen und der vorgegebenen Umsatzzahlen seines Profitcenters, die der Chef mal eben verdoppelt hatte – bei einem Reparaturdienst.
[ Management-Blog: Kein prima Klima, doch Arbeit an sich macht Spaß ]
War for Talents
Doch da gibt es ja glücklicherweise die neuen jungen hochqualifizierten Nachwuchskräfte, die mit aller Macht einen Job wollen und alles, wirklich alles, für den Job tun. Wirklich? Wollen sie das wirklich?
Claudia Tödtmann berichtet im Management-Blog, dass den Jungen der Job immer unwichtiger wird. Eine repräsentative Umfrage (Hochschul- Informationssystems – HIS – in Zusammenarbeit mit dem Magazin "Zeit Campus") sagt nämlich aus
dass den Studenten heute das private Glück wichtiger ist als ihre berufliche Karriere […]. Das bedeutet: Umziehen für den Job? Lieber nicht. Auslandseinsätze für die Firma? Muss nicht sein? Überstunden für die Karriere? Zu unsicher, ob man je den Dank auch erhält – oder der Chef schon weg ist, ehe man den Scheck einlösen kann.
[ Management-Blog: Den Jungen wird der Job immer unwichtiger – anders als ihre Famile ]
Und dies ist eine Entwicklung (m.E. nach "unten"), die im Vergleich zu 2003 zu verzeichnen ist. Wie auch, wenn Loyalität von Arbeitgebern eingefordert wird, aber selbst nicht gegeben wird. In der Bundeswehr kannte man (zumindest zu meiner Zeit) die Fürsorgepflicht des Dienstherren dem Soldaten gegenüber. In der Wirtschaft zählen heutzutage oft nur noch die Quartalszahlen und die Shareholder. Die Unternehmen versuchen dennoch gut dazustehen. Was aber nach Claudia Tödtmann nicht so einfach ist:
Kein Wunder, dass Unternehmen heute gerne in Beliebteste-Arbeitgeber-Rankings auftauchen. Oder ganz plötzlich wieder versuchen, ihr angekratztes Arbeitgeber-Image aufzupolieren und sich als attraktives Unternehmen zu positionieren – soweit das möglich ist. Denn wenn sich die Entlasser von gestern als die in der Aufbruchsstimmung für übermorgen darstellen, ist es kaum glaubhaft.
Die Arbeitgeber unternehmen diesen Versuch auch gerne mit einem "Employer Branding", um im War for Talents zu überleben. Markus Eicher, Geschäftsführer von wbpr Public Relations, nennt drei Thesen zum Vorgehen:
- These 1:
Employer Branding ist Aufgabe des Managements und erfordert die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit von Unternehmenskommunikation, Marketing und Human Resources. […]- These 2:
Beim Employer Branding geht es nicht nur um strategisches Personalmarketing, es geht um eine fundamentale Arbeitgeberstrategie, die von Kommunikationsprofis aufgesetzt wird und folgende Schritte beinhaltet […]- These 3:
Die Arbeitgebermarke darf nicht zum Wunschkonzert des Managements oder der HR-Verantwortlichen werden.
Sie muss glaubwürdig sein: Authentizität ist Trumpf, denn Jobinteressenten wollen vor allem eines: ein Gefühl dafür bekommen, wie es in dem Unternehmen wirklich aussieht. […][…]
Fazit: Employer Branding ist kein Modebegriff, sondern eine schiere Notwendigkeit in Zeiten des akuten Fachkräftemangels und harter Konkurrenz durch kommunikativ exzellent aufgestellte Großunternehmen.
[ PR-Professional: Employer Branding: Wie überlebt man im „War of Talents“? ]
Das "Branding" jedoch kann nur das Auftreten nach außen hin sein:"Unternehmens-Brandzeichens" auf den Markt. Wenn die tatsächliche Identity mit dem empfundenen Image des Unternehmens nicht übereinstimmen, dann wird das große Erwachen folgen. Der Schein muss dem Sein folgen.
Neue Wege
Neue Mitarbeiter wollen ihre Wege und Mittel benutzen. Selbst in der CIA sucht man setzt man auf neue Wege. Doch das sind schwierige Wege. Ken Westbrook, "Director of Intelligence’s liaison with IT" bei der CIA
… expects more user-driven efforts just like it in the future, which is similar to what many other private-sector businesses are seeing today—the growing adoption of consumer-driven IT applications and tools that come from outside of IT’s purview. However it’s likely to be a bumpy process: in CIO’s annual consumer technology survey, 54 percent of IT leaders surveyed deemed consumer applications "inappropriate for corporate use" despite their widespread acceptance by younger workers. Analysts such as AMR Research’s Jonathan Yarmis, however, contend that banning social networking technology inside organizations is a losing battle.
[ Inside the CIA’s Extreme Technology Makeover, Part 4 ]
Nachwuchs-Knappheit bei Europäischen Banken
Europäische Banken müssen ihr Talentmanagement überarbeiten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit und ihr Wachstum zu sichern. Europäische Banken wachsen und weiten ihre Tätigkeiten geografisch aus – gleichzeitig ist es immer schwieriger für sie, kritische Positionen mit qualifizierten Personen zu besetzen. Dies ergibt eine McKinsey Studie (Juli 2008), an der 13 Banken teilnahmen. Nicht immer können Positionen von eigenen Leuten besetzt werden.
Diejenigen Banken, die nicht bald handeln, werden Wachstumschancen verpassen. In den nächsten drei Jahren wird die Talentlücke wachsen und die Banken werden 25 bis 40 Prozent ihrer Senior Executive oder ähnliche Positionen nicht mehr intern besetzen können. Noch schlimmer: In den nächsten drei bis fünf Jahren werden die Banken verzweifelt nach Personen für lebenswichtige Gebiete in der Bank suchen.
[ Quelle: The McKinsey Quarterly: A talent shortage for European banks, Zugang und Download als PDF nach Registrierung ]
Banken versuchen ihr Bestes, aber reicht das:
Even the intermediate and advanced banks that have attempted to transform the way they manage talent have much room for improvement. Our experience suggests that, to succeed, they’ll need to be more rigorous in their talent-management processes—for instance, by using objective indicators (such as the average time to fill critical positions) to measure and improve the effectiveness of these efforts.
[ The McKinsey Quarterly: A talent shortage for European banks, Zugang nach Registrierung ]
Doch selbst, wenn die Banken ihre Anstrengungen erhöhen, und das Top- und Senior-Management das Talent-Management im Unternehmen optimiert und verinnerlicht:
Viele nachfolgende Digital Natives werden an dem, was die Unternehmen heutzutage bieten, schlicht überhaupt nicht interessiert sein – es wird ihnen egal sein.