Der "Altbundeskanzler" Helmut Schmidt hat am Wochenbeginn vor der SPD-Bundestagsfraktion eine Rede gehalten. Bei ZEIT.DE gibt es das Redemanuskript ("Kröten und Paragraphenwahn"):
Ich solle darüber reden, wie eine Große Koalition funktionieren kann. Und dann sollte ich noch einige Bemerkungen zur ökonomischen und zur politischen Lage hinzufügen – und etwaige Fragen beantworten.
Das hat er dann auch gemacht. Zunächst geht er auf die Großen Koalitionen ein, die aus den Zwanzigern und die aus den Sechzigern. Dabei berichtet er über Erfahrungen, Fehler und Erfolge. Er geht mit so vielem und so vielen ins Gericht. Beispielsweise mit dem in Deutschland "herrschenden" Verhältniswahlrecht. Beispielsweise mit der Parteienfinanzierung:
Wahlkampf- und Parteienfinanzierung wird immer wieder skandalträchtig und deshalb auch umstritten sein; immer wieder kommt es auch zu gesetzlichen Änderungen. Mein persönliches Ideal bestünde aus drei Regeln: Erstens kein Geld vom Staat. Keine Partei darf zweitens von einer Firma oder einer Vereinigung oder von einer juristischen Person Geld annehmen. Eine Partei darf drittens nur von Privatpersonen Geld annehmen, aber jede Abzugsfähigkeit bei der Einkommens- oder Lohnsteuer wird abgeschafft. Ich weiß, das ist ein Wunschtraum.
Er streift Massenarbeitslosigkeit, Globalisierung, Aufholprozess der östlichen Bundesländer, Wohlfahrtsstaat, Wissenschaft, Kompetenzwirrwarr zwischen Bund und Ländern, das taktische Interesse der eigenen Partei und das Interesse des öffentlichen Wohles mit einer Selbstverständlichkeit und Tiefe Schärfe, die ansteckend wirken. Und er schließt er mit den Worten:
Für mich ist heute die Schlussfolgerung durchaus eindeutig. Zwar ist es absolut legitim, den Interessen der eigenen Partei und ihrer Wähler zu dienen. Aber höher steht der Dienst am öffentlichen Wohl. Oder wie vor zweitausend Jahren der alte Cicero geschrieben hat: Salus populi suprema lex.
Diese Worte und Helmut Schmidt finden meine Zustimmung – wie schön wäre es, wenn viele Politiker sie nicht nur hören, sondern auch befolgen würden.
Helmut Schmidt wäre als Bundeskanzler ein Reformer, der den Leuten seine Worte ins Gesicht paukt.
P.S. Meine Leseempfehlung: Die Mächte der Zukunft. Gewinner und Verlierer in der Welt von morgen von Helmut Schmidt