Führungskräfte praktizieren viel zu oft eine ganz andere Art der "Distance Leadership": Nicht nur räumlich sondern viel zu oft auch fachlich, persönlich und emotional bleiben sie auf Distanz. Etwas machen, sich involvieren und persönlich engagieren – das ist nur etwas für die operative Ebene.
Dirk Röhrborm hat für uns "Enterprise 2.0 Studie – Zehn Einblicke in den Stand der Einführung" gelesen und listet eine Reihe praktischer Empfehlungen aus der Studie auf. Gleich bei der ersten Empfehlung steht doch glatt:
Neben die quantitativen Ergebnissen bietet die Studie eine anschauliche Referenzstruktur für ein Enterprise 2.0 Projekt sowie eine Reihe praktischer Empfehlungen, u.a.:
- Entscheidungsträger sollten sich nicht nur mit Enteprise 2.0 beschäftigen, sondern auch persönliche Erfahrungen im Umgang damit sammeln und als Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen.
Führungskräfte – gerade solche aus der oberen Etage – sind oft viel zu
weit ab vom richtigen Unternehmensleben. Sie distanzieren sich vom
"Daily Business" und von neuen Entwicklungen. Alles, was sie
vermeintlich brauchen und wonach sie verlangen, ist eine Entscheidungsgrundlage oder ein Konzept – und
meinen oft genug eine Präsentation mit weniger als zehn Folien. Danach
wissen sie, um was es geht und können entscheiden. Meinen sie.
Damit verlieren sie jedoch den Kontakt zum <Ironie>wichtigsten Kapital</Ironie> eines Unternehmens: Den Mitarbeitern. Sie kommunizieren mit Rundschreiben und Reden bei wichtigen Meetings. Top-Down Wasserfallkommunikation ist das Werkzeug erster Wahl. Weil alles andere ja so zeitintensiv ist. Wer kann als gestresster Manager sich schon in Details und Gesprächen mit Mitarbeitern verlieren? Doch die persönliche Kommunikation "in Augenhöhe" mit den Mitarbeitern findet dadurch nicht statt. Vorstände verkünden schon einmal stolz, sie seien "ein Vorstand zum Anfassen". Doch in die Kantine kommen sie nur gelegentlich und dann nur unter sich oder um einem wichtigen Externen die Sozialleistung Kantine sowie ihre eigene Bodenständigkeit zu demonstrieren.
Was bleibt, ist die Lehmschicht des unteren und mittleren Managements, die Botschaften von oben nach unten sowie "Stimmungen" und die "Lage" von unten nach oben transportiert. 40 Stunden einer Woche multipliziert mit der Anzahl der Mitarbeiter gepresst in eine 5-Minuten-Terrine beim Frühstücksmeeting mit dem vorgesetzten Manager. Immer weiter komprimiert bis der Vorstand in 5 Minuten aus der "Basis" alles Wissenswerte über das Unternehmen und aktuelle Themen erfährt.
Was bleibt, ist die Vorbildfunktion in Flyern, den Leitlinien und in der Hauptversammlung. Doch nicht erst beim Vorstand sondern bereits in der Lehmschicht fehlt die Vorbildfunktion bei vielen Aspekten. Wenn es dann noch um etwas Neues wie Enterprise 2.0 geht, dann fällt das aufgrund der Prioritäten, des Tagesgeschäftes, der wichtigen operativen Prozesse in die Verantwortung von Mitarbeitern, die dann einen Bericht, ein Konzept, eine Präsentation erstellen sollen. Dann wird entschieden – aber selten auch verstanden. Und noch seltener gelebt.
"Sich mit etwas beschäftigen" klingt nicht nur nach Distanz sondern ist oft eine. "Distance Leadership" eben. Was übrigbleibt ist dann viel zu oft nur "Management by Didi der Doppelgänger".