Daniel Rehn hat einen wunderbaren Blogartikel veröffentlicht, der sehr viel – nach meinem Eindruck positive – Resonanz erzeugt. Daniel sagt „Mehr Spaß, weniger Ego: Wir haben die Renaissance des Bloggens selbst in der Hand„. Und er lügt sagt nicht so ganz die passende Wahrheit dabei. Denn er hat das Bloggen nicht selbst in der Hand.
Wahrheiten sind immer konstruiert. Hier ist meine konstruierte Wahrheit über mein „richtiges“ Bloggerdasein:
- Auf Flickr: INJELEA (Fotoblog)
- Auf Twitter: @fwhamm (Mikroblog)
- Auf Twitter: @Hawaiitwentyten (Mikroblog)
- Auf Twitter: @Hirntumorwatch (Mikroblog)
- Auf Tumblr: Der Taumer (Blog)
- Auf Tumblr: Meine 365 (Fotoblog)
- Auf Tumblr: Hawaiitwentyten (Blog)
- Auf WordPress: Hirntumorwatch (Blog)
- Diverse Auftritte, auf denen ich mittels „Statusupdates“ „blogge“
Das sind alles „Fremdplattformen“, die mir jederzeit den Stuhl unter dem Hintern wegziehen können. Genau das war nach meinem Verständnis ein Hauptkritikpunkt des Entertainers und der Gottschalk-Raab-Chimäre der Netzwelt Sascha Lobo in seiner Rede auf der Republica.
Doch da ist da noch dieses INJELEA-Blog. Dies ist und bleibt mein „Hub“, mein persönliches bei einem Dienstleister gehostetes Blog mit eigener Domain. Ja, ich twittere und produziere mich auf zig anderen Plattformen. Doch ich bin mein INJELEA-Blog. Mein eigenes Blog.
Es ist bezeichnend, dass Daniel die beiden ersten Links in seinem Blogartikel zu Sascha Lobos primären Präsenzen… auf TWITTER und SPIEGEL-ONLINE setzt! Dort produziert sich Sascha, dort fühlt er sich wohl. Sascha Lobo ruft in der Kolumne „Euer Internet ist nur geborgt“ auf zum mündigen Digitalbürger und fordert:
Der Weg vom Netzkonsumenten zum mündigen Digitalbürger führt nur über eine selbstkontrollierte Web-Seite, alles andere ist unterhaltsames, nützliches, schmückendes Beiwerk.
Und dies, das schlägt dem Faß den Boden aus, macht Lobo in seiner Kolumne auf Spiegel-Online. Einer Web-Seite, die er eben nicht selbst kontrolliert. Karl May würde seinem Protagonisten an diesem Punkt diese Worte in den Mund legen: „Irokese sprechen mit gespaltener Zunge!„.
Das ist mindestens nur unterhaltsam, nur schmucklos und wenig nützlich für mich. Genauso wie seine Präsenzen auf Facebook, Google+, Formspring oder woanders außerhalb seines Blogs. Sein Blog Saschalobo.com ist nur noch schmückendes Beiwerk.
Und Daniel Rehn? Er setzt die nächsten Links in seinem Blogartikel… zu den Präsenzen von Mario Sixtus, Robert Basic, Stefan Niggemeier, Richard Gutjahr… auf Twitter.
Und Daniel Rehn schreibt seinen Blogartikel auf seinem Blog auf WordPress.com. Wo er die Renaissance des Bloggens nicht selbst in eigener Hand hat. Noch nicht mal mit eigener Domain.
Schade eigentlich.
Den Ball, den du spielst, will ich gerne aufnehmen ;) Also, der Reihe nach:
+++ Die Links auf Fremdpräsenzen: Hätte Sascha seine Kolumne auch auf seinem Blog veröffentlicht, die Links würden dahin führen. Es finden sich ja auch mehrere Links zu Blogposts im Artikel wieder, die eben diesen Zweck erfüllen – andere auf gute Beiträge anderer Blogger hinweisen.
Dass ich darüber hinaus aber nach wie vor eher zu Twitter, denn zu Blogs verlinke, ist eine Eigenart, die ich schons eit meinen Blogger-Anfängen pflege. Twitter bietet Interessierten die Möglichkeit sich über die Updates (tagesaktuell) mit den erwähnten Personen auseinandersetzen zu können. Der eigentliche Link zu Blog/Website der Person findet sich bei allen (!) verlinkten in ihrem Profil wieder. Erst, wenn das nicht gegeben ist, geht es direkt zum Blog, den interessanterweise aber auch nicht immer alle haben …
+++ Bloggen auf wordpress.com: Auch das geht auf meine Blogger-Anfänge zurück. Im Studium habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht, wohin es mit dem Blog einmal gehen könnte. Ich ließ es laufen und bin bislang gut damit gefahren. Auch deshalb, weil ich mir sehr bewusst darüber bin, dass es bei aller vermeintlichen Sicherheit nicht in meiner Hand liegt.
Allerdings ist die technische Komponente nur ein Teil des Daseins als „richtiger“ Blogger. Du selbst hast dich eben auf Twitter [komisch, dass wir das Thema dort und nicht in Blogkommentaren diskutieren] als „Publisher 2.0“ bezeichnet, um unabhängig sein zu können. In der Gegenfrage würde ich gerne wissen, ob deine erste Blogpräsenz sofort auf einem eigenen Server stattfand oder in den Anfängen nicht auch ein Dienst war, den du nutztest. Du hast es just selbst getwittert. Wenn du aus deiner Haut herausgewachsen bist, dann hast du dir die nächste Plattform gesucht. Was spricht dagegen, dass ich den Schritt nicht auch noch machen könnte? Ich bin dafür offen (allerdings auch zu perfektionistisch, als dass nicht drei Tage minimum für Umzug, Design und Kleinigkeiten draufgehen würden – Zeit, die ich just nicht habe – und im Zug, als ich schrieb, konnte ich nur schwerlich etwas aufsetzen, um diesen erahnten Fallstrick zu umgehen) ;)
In den Kommentaren zu meinem Beitrag findet sich ja auch die Frage, ob WP für Einsteiger interessant ist. Würdest du jemandem, der technisch vielleicht nicht versiert ist, aber mit dem Bloggen anfangen mag, sofort empfehlen alles auf eigener Basis zu machen, wenn noch nicht einmal klar ist, ob und wie lange er bloggt? Da sind Angebote wie tumblr, Posterous oder auch Blogspot und WP.com nach wie vor die niedrigsten Einstiegshürden. Wer dann Blut leckt und wachsen will, der zieht um. So einfach kann es sein.
By the way: Wie kommt es beim Befürworten des „Das ist in meiner Hand“-Gedankens eigentlich, dass du die Kommentare über Disqus laufen lässt, statt auf die systemeigene Kommentarfunktion zu vertrauen? ;)
…den Ball wieder zurückgespielt :-)
+++ Links auf Fremdpräsenzen
Zugegebenermaßen ist meistens schneller ein Link auf Twitter gesetzt als auf den korrekten URL zum Blog. Das geht mir oft genauso. Aber es ging um mehr bloggen, also sollte dann auch das Blog verlinkt werden. Das fiel mir halt sofort auf, weil die Twitterlinks ausgerechnet am Anfang so prominent platziert waren ;-) Im Kontext wären die Links zu den Blogs konsequent gewesen. Jetzt wollte ich argumentieren, dass viele Blogger ihre letzten Tweets eh in der Sidebar haben… aber ausgerechnet von den verlinkten hat das keiner :-)
Ob tagesaktuelle 140-Zeichen-Tweets einen besseren Einblick in den Blogger geben? Ich sehe das so nicht (aber viele andere eben auch nicht), und ich muss dann jedes Mal einen zweiten Link klicken.
+++ Bloggen auf wordpress.com
Deine historische Entwicklung beim Bloggen kann ich gut verstehen. Bei mir lief die historische Entwicklung direkt auf ein eigenes Blog mit eigener Blogsoftware (LifeType), gewebhostet damals auf Strato. Ich kam aus der IT-Ecke. Später habe ich dann andere Dienste benutzt, um weitere Präsenzen aufzubauen. Da kam dann ein Pragmatismus gepaart mit Opportunismus dazu :-)
Mit dem Umzug bezog ich mich eher auf Plattformen. Als beispielsweise Brightkite.com nach der Übernahme verschwand, war ich zwar betrübt – aber ich bin weitergezogen. Meine wesentlichen Inhalte hatte ich ja auf meinem Blog oder die Fotos noch auf meiner Festplatte (oder jetzt eben Cloud).
Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich einem Nichttechniker ein „eigenes richtiges“ Blog empfehlen würde. Es erfordert immer noch ein technisches Grundverständnis und ein Mindestmaß an Zeit für den Aufbau und vor allem die Wartung. Wahrscheinlich würde ich einem Bloganfänger ebenfalls WordPress.com oder Tumblr empfehlen (je nach Aufgabenstellung). Wobei WordPress.com einen großen Vorteil hat: Jederzeit die Inhalte importieren oder exportieren zu können (und in einem anderen CMS weiter verwenden zu können). Ab einer gewissen Menge, Bekanntheit würde ich dann den Umzug auf ein eigenes Blog in Betracht ziehen. (gilt nur für „Personenblogs“, für Unternehmen sehe ich immer ein „eigenes“ Blog)
Ein absolut „richtiger“ Blogger zu sein… das gibt es nicht wirklich (deswegen auch die Anführungszeichen). Dafür sind wir alle zu verschieden, und das ist gut so. Ein gesundes Maß an Realismus und Pragmatismus gehören dazu und eine gewisse Kontrolle über die eigenen Inhalte. Doch als ich den Tenor („in eigener Hand“) las, hing der Fallstrick für meinen Rant einfach zu offen vor mir, als dass ich ihn nicht ergreifen und werfen konnte :-)
+++ Disqus
Die Kommentare verbleiben in meiner WordPress-Datenbank, ich kann jederzeit wieder die Verbindung kappen. Disqus legt eine Schicht darüber und bietet mehr Möglichkeiten als andere Plugins – insbesondere die Möglichkeit, Likes und Kommentare in einer Gemeinschaft verfolgen zu können. In der Praxis spielt das für mich nur eine untergeordnete Rolle, da ich dafür auf die Disqus-Website gehen muss (leider kein RSS-Feed dafür).