Medienfreiheit statt Pressefreiheit: ZDF boykottiert Blogs

Das ZDF boykottiert die Anfrage nach Pressebildern des ZDF-Chefredakte…

Das ZDF boykottiert die Anfrage nach Pressebildern des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender (der in politischen Machtspielchen offensichtlich "entsorgt" werden soll). Auf Nachfrage begründet das ZDF die Ablehnung damit, dass das ZDF keine Blogs beliefere. Dies und die jetzt stattfindende Diskussion ist für mich ein erneutes eindeutiges Indiz dafür, dass das derzeitige Presserecht den neuen digitalen Zeiten nicht gerecht wird. Eine Änderung des Grundgesetzes ist überfällig, damit solche Vorgänge endlich zu den Akten gelegt werden:

Das ZDF sagt uns: “Wir beliefern keine Blogs mit Bildern” – und beruft sich auf Urheberrechtsprobleme. Richtig offen steht der Sender nicht zu seiner Entscheidung. Blogs sieht man dort offenbar noch als Teil einer publizistischen Öffentlichkeit zweiter Klasse. Es braucht augenscheinlich mehr Brender im ZDF.

[ Carta – ZDF zu Carta: "Wir beliefern keine Blogs" ]

Das Problem ist das Grundgesetz

Das eigentliche Problem liegt nicht im Presserecht oder möglichen Unklarheiten im Urheberrecht oder im Lizenzrecht. Das eigentliche Problem ist das Grundgesetz. Denn das Presserecht und die veraltete Haltung vieler beruht auf Artikel 5 (1) Satz 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Dieser Artikel ist inzwischen unklar und muss durch Rechtsprechung und Gutachten ständig interpretiert werden:

Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.

[ Bundesministerium der Justiz: Artikel 5 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ]

Am 4. Februar habe ich eine Öffentliche Petition an den Deutschen Bundestag zur Änderung des Artikel 5 Grundgesetz
eingereicht:

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, Artikel 5 (1) Satz 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland zu ändern. Der bisherige Text: "Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet." möge geändert werden in:

"Die Medienfreiheit und die Freiheit der Berichterstattung über Kanäle wie Rundfunk, Film oder Internet werden gewährleistet."

Medienfreiheit statt  Pressefreiheit
Petition zur Änderung des Grundgesetzes auf dem Petitionsserver des Bundestages: Medienfreiheit

In den letzten Tagen habe ich in Diskussionen viel gelernt. Ich bin überzeugt, die richtige Richtung vorgeschlagen zu haben, aber sicherlich sollte der Text noch verbessert werden. Doch wir (d.h. die Bürger dieser Republik) sollten weiter in diese Richtung gehen.

Denn wer hat immer das nötige Geld, um sich in langwierigen Vorgängen und Verfahren gegen Mainstream-Medien und -Institutionen durchzusetzen, damit die richtige Interpretation im Einzelfall zur Anwendung kommt? Dass dies oft schwierig ist – auch und sogar für Journalisten – zeigt der "Fall" Zwanziger gegen Journalisten Weinreich. Jens Weinreich kämpft seit Monaten für sein Recht auf Meinungsfreiheit und sieht sich jetzt gezwungen, um Spenden zu bitten.

Bürgerjournalismus ade?

Ich sehe gedanklich die folgende abstruse und dennoch gar nicht so wirklichkeitsfremde Situation, in der ein Bürgerjournalist um eine Auskunft bittet und im Telefonat folgende Antwort erhält:

Ach, Bürgerjournalist? Und sie schreiben auf einem Blog? Also zunächst einmal hat ein Blog nichts mit Presse und Journalismus zu tun! Journalist sind Sie also nicht, Sie sind nur Bürger? Bitte legen Sie auf und machen Sie die Leitung frei für Pressevertreter!

Public Relations

Abgesehen von der eigentlichen Ursache, die ich im Grundgesetz sehe, hat das ZDF ein Problem mit seiner PR / Öffentlichkeitsarbeit: Keine klare Aussage, übervorsichtige Umschreibungen, der Verantwortliche ist in Urlaub und der Vertreter vertritt nicht (darf er vielleicht nicht, weil politische Zusammenhänge?), es scheint keine Sprachregelung zu geben, und die Aussagen zeugen von mangelnder Wertschätzung des Gegenübers.

Ach, wie sag‘ ich es meinem öffentlichen-rechtlichen Kinde: Tölpelhaft nur agierst Du sehr!

[ via Frank Helmschrott: Das ZDF hat ein Problem – noch eines! – eigentlich ja über @helmi ]

Nachtrag (28.02.2009)

Die Diskussion über Newsroom des ZDF und Creative Commons bei ZDF wird sich vermutlich in diesem oder im nächsten Jahr entschärfen: Robert Amlung, ZDF: "Creative Commons wird kommen!"

Autor: Frank Hamm

Frank Hamm](https://frank-hamm.com) (* 14. April 1961 in Ingelheim am Rhein) ist ein deutscher Kommunikationsberater, Blogger und Autor. Hamm lebt in der Ortsgemeinde Selzen (Rheinhessen). Im INJELEA-Blog behandelt er seit 2005 Fachliches aus Kommunikation, Produktivität, Kollaboration und Intranets. Als Der Entspannende berichtet Hamm über Wandern, Genuss und Kultur in Deutschland. Sein gleichnamiges Blog gehört zu den etablierten deutschsprachigen Wanderblogs. Subjektives aus Raum und Zeit veröffentlicht er in seinem Kolumnen-Blog Der Schreibende. In den Sozialen Medien ist Hamm aktiv auf Twitter als @DerEntspannende und als @fwhamm, auf Facebook als Der Entspannende und auf Instagram als Der Entspannende. Nachrichten und Anfragen beantwortet Hamm per E-Mail via frank@frank-hamm.com.