Gestern abend war Otto von Habsburg, der ehemalige Kronprinz von Österreich-Ungarn, in Mainz im VRM-Bistro. Etwa eineinhalb Stunden stellte er sich den Fragen des Chefredakteurs Klaus Beck und des stellvertretenden Chefredakteurs Stefan Schröder.
Etwa 80 Gäste verteilten sich an den Tischen des Casino, wo normalerweise die Mitarbeiter ihr Essen zu sich nehmen. Die meisten im Publikum waren deutlich älter als ich (noch älter?). Kennt überhaupt jemand unter 30 den Namen Otto von Habsburg?
Trotz seiner knapp 94 Jahren ist der überzeugte Europäer und Demokrat noch recht rüstig, auch wenn er sich doch auf einen Stock stützt. Geistig scheint er mir noch voll auf der Höhe zu sein. Locker kramt er im Gespräch aus seinem Gedächtnis noch Namen von Personen, die er irgendwann einmal gesprochen hat. Und mir fällt es schwer mich an die Namen meiner Studienkollegen von vor 20 Jahren zu erinnern….
Nach der eigentlichen Veranstaltung setzte er sich an einen Tisch und fing locker an, Bücher zu signieren. Er bemerkte, er hätte auch schon einmal 500 Bücher signiert. Brav hatte ich mich in die Schlange eingereiht, und als es dann soweit war bekam ich den Mund nicht richtig auf.

Bereits damals, gegen Ende der Siebziger, bemerkte ich ihn immer mal wieder im Fernsehen. In den Achtzigern und Neunzigern bemerkte ich seine Interviews als Europa-Abgeordneten. Damals… ach ist das so lange her….
Sehr lebhaft erzählte er und nahm Stellung. Man mag seine politischen Ansichten teilen oder nicht – und ich teile zwar ein paar aber beileibe nicht alle – er ist jedenfalls eine sehr beeindruckende Persönlichkeit, die seine Überzeugung lebhaft vertritt. Einen guten Eindruck seiner Überzeugungen vermittelt übrigens sein Buch "Unsere Welt ist klein geworden. Die Globalisierung der Politik".
Na ja, etwas neutraler habe ich die Veranstaltung bei Readers Edition beschrieben:
Otto von Habsburg: “Merkel ist bissig, die ist gut”
P.S. Ein bißchen erinnert er mich an meine Tante Julchen, geboren 1899 und eine Großtante von mir. Sie schaffte es fast bis ins Alter von 104 Jahren. Ich bewunderte ihre Agilität und wie sie es durch diese lange Zeit und Geschichte geschafft hatte. Zur deutschen Kaiserzeit verließ sie die Schule, überlebte die Entbehrungen in den Dreißigern, den 2. Weltkrieg und die harte Nachkriegszeit. Nach den Fünfzigern mögen ihr die Aufregungen in der Welt fast banal vorgekommen sein. Aber sie wußte zu allem etwas zu sagen und tat dies in ihrer odenwälderischen Art.