Stellungnahme DOSB zur „Affäre Saftblog“

Am Freitag nachmittag um 17:55 Uhr gab der Pressesprecher des Deutsche…

Am Freitag nachmittag um 17:55 Uhr gab der Pressesprecher des Deutschen Olympischen Sportbunds, Michael Schirp, auf marketing-blog.biz eine Stellungnahme zum Vorgehen gegen die Betreiber des Saftblogs ab. Am Donnerstag hatte das Saftblog bekanntgegeben, am Vortag ein anwaltliches Schreiben erhalten zu haben und sich ziemlich sicher zu sein "…daß wir das Saftblog vom Netz nehmen werden." (Zum Saftblog-Artikel).

Diese Stellungnahme war bereits beim Werbeblogger in einem Kommentar zum Artikel "Diplomatie?" von Frank Herold angekündigt worden:

SOEBEN HABE ICH MIT ALLERLEI HERREN AUS DER PRESSESTELLE DES DOSB TELEFONIERT: MAN WIRD SICH EINIGEN (GÄNGIGE PRAXIS!). MICHAEL SCHIRP VOM DOSB WIRD NOCH HEUTE AUF marketing-blog.biz STELLUNG BEZIEHEN.

Ich war schon sehr gespannt darauf, auf dieses "STELLUNG BEZIEHEN". Und ich war wirklich positiv eingestimmt. Ich ging davon aus, dass die Öffentlichkeitswirkung den DOSB zu einem normalen und vernünftigen Kommunizieren bewegen würde, und dass auch ein bisschen dazu gesagt würde, worum es eigentlich geht. Was im konkreten Fall denn die Bauchschmerzen beim DOSB verursacht, und warum genau so vorgegangen worden war.

Meine persönliche Meinung 

Ich wartete und war sehr gespannt. Und jetzt beziehe ich Stellung zu dieser Stellungnahme aus meiner ganz persönlichen Sicht mit meiner ganz persönlichen Meinung dazu, weil sich meine Spannung nicht so richtig gelöst hat. Ich kann und will hier keine Einschätzung unter Berücksichtigung "des Rechts" abgeben, das kann der Law-Blogger Arne Trautmann viel besser. Das hat er auch beim PR-Blogger getan.

Ich will hier einfach vom menschlichen Umgang miteinander sprechen. Davon, was ich unter Berücksichtigung von Etikette / Moral / Knigge verstehe und erwarte.

Stellung beziehen 

Unter "Stellung beziehen" verstehe ich etwas anderes. Der erste Absatz fängt gut an: 

Da gibt's Trittbrettfahrer – die gibt's gar nicht. Wir meinen nicht die Schule, die Sommerspiele ausrichtet. Oder den Gastwirt, der den Olympiaspieß grillt. Vielleicht auch nicht den guten Walther-Saft – aber leider konnten unsere Anwälte das noch nicht beurteilen. Weil sich das Unternehmen noch nicht beim Absender gemeldet hat. Schade, denn sonst hätten sie erfahren, dass es in der Vergangenheit viele Fälle gab, bei denen die Abmahnkosten deutlich gesenkt wurden, weil sich herausgestellt hat, dass es sich um einen "kleinen Fisch" handelte.

Für mich klingt das wie der Anfang einer Geschichte darüber, warum eine Geschichte genau so verlief. Jedoch:

  • "…aber leider konnten unsere Anwälte das noch nicht beurteilen."
    Wenn sie dies nicht beurteilen konnten – warum haben sie ein 17-seitiges Schreiben verschickt? Bitte, lieber DOSB: Denkt darüber einmal nach.
  • "Weil sich das Unternehmen noch nicht beim Absender gemeldet hat."
    Moment mal, wer hat denn die Keule ausgepackt? Wenn sich eine Keule auf mein Haupt senkt, dann suche ich doch nicht nach dem Telefon oder krame nach meinem Füller. Ich gehe in Deckung und rufe gleichzeitig nach Hilfe. Oder ich packe meinerseits eine noch größere Keule heraus. Letzteres hat "das Saftblog" definitiv nicht getan.
  • "… dass es sich um einen 'kleinen Fisch' handelte."
    Nochmals: Wieso wussten die Anwälte das nicht, bevor sie die Keule herausholten? Bitte, lieber DOSB: Denkt darüber einmal nach.

Allgemeinplätze

Und dann, nach dem ersten Absatz? Da kommen einige gut gemeinte Allgemeinplätze über die schöne neue Welt der Blogger, das Saftblog und beispielsweise eine positive  Meinung zum Lebenslauf von Jörg Holzmüller. Alles ganz nett, zeugt auch von einem gewissen Verständnis – im Allgemeinen.

Von Keulen …

Zum Schluss hin wird Michael Schirp doch noch etwas konkreter: 

Nun noch etwas zum Thema blog. Wenn ich in einer Zeitung, im TV oder im Internet eine Marke verwende, die mir nicht gehört und abgemahnt werde, dies zu unterlassen, werde ich dies tun. Und sicher nicht sagen, ich stelle die Zeitung ein, ich schließe den Sender, ich nehme ich den blog vom Netz? Schon gar nicht, wenn es sich wie in diesem Fall nicht um ein Presseorgan, um das zentrale Werbe- und Marketing-Tool eines Unternehmens handelt.

Nochmals: Wenn jemand die Keule auf mich schwingt, dann werde ich mich doch wohl wegducken. Jedenfalls, wenn es eine große Keule ist. Das war eine große Keule. Und besonders, wenn es sich wie in diesem Fall um die anwaltliche Keule einer großen nationalen Organisation handelt, deren Vorgängerorganisation in diesem Jahr nicht gerade leise war.

… und Wegen 

Und ganz am Schluss geht es um den besseren Weg:

So, und jetzt rufe ich Frau Walther an und sage Ihr dies alles selbst. Denn so toll Bloggen auch ist – manchmal ist der direkte Weg der Bessere.

Was bedeutet dieser Absatz für mich im Zusammenhang mit "Weil sich das Unternehmen noch nicht beim Absender gemeldet hat."?

Der Anwalt hätte sich direkt bei Frau Walther melden sollen, bevor das Schreiben von ihm abgesendet wurde. Besser noch: Der DOSB hätte sich direkt bei Frau Walther melden sollen. Ich interpretiere "…manchmal ist der direkte Weg der Bessere." einfach mal als Eingeständnis des DOSB, dass die eigene Handlungsweise falsch war, und dass der DOSB dies verbessern wird. Herr Schirp wollte sich ja direkt mit Frau Walther in Verbindung setzen.

Hätte sich Frau Walther direkt beim Absender melden sollen?

Ich sage: Nein. Denn ich würde mich nicht beim Absender melden, sondern ich würde mich zunächst beim vorgeblichen Mandanten versichern, ob dieser tatsächlich durch den Anwalt vertreten wird ("da könnte mir ja jeder im Namen von X, Y oder Z schreiben").

Hätte sich Frau Walther direkt beim vorgeblichen Mandanten versichern können oder von dem Absender Auskunft erhalten können

Ich vermute: Nein. Die Anhaltspunkte für meine Vermutung lauten:

  • Am Donnerstag Nachmittag versuchte ich telefonisch beim DOSB Auskunft über das Schreiben zu erhalten.
  • Zwei Justitiare, an die ich zur Klärung dieses Themas nacheinander vermittelt wurde, konnten mir darüber keine Auskunft geben. Der eine Justitiar wusste überhaupt nichts von dem Vorgang, der zweite Justitiar hätte nachforschen müssen, konnte sich aber noch erinnern "…da ist etwas am Laufen".
  • Als zuständige Person, die mir Auskünfte geben könnte, wurde mir ein Anwalt genannt und mir dessen Telefonnummer zur Kontaktaufnahme gegeben.
  • Nach zunächst erfolglosen Versuchen (Anschluss besetzt, kann vorkommen) wurde mir von einer Gesprächspartnerin mitgeteilt, dass dieser Anwalt nicht da sei. Ein Kollege, ein anderer Rechtsanwalt, könne mir weiterhelfen. Er sei jedoch noch in einem Termin, nach welchem ich ihn erreichen könne.
  • Der Rechtsanwalt konnte mir dann später jedoch keine Auskunft geben, da er nach seinem Hinweis nicht der primäre Ansprechpartner war.
  • Dieser Rechtsanwalt verwies mich an den mir zuerst genannten Rechtsanwalt, der – wenn dies gewollt sei – Auskunft geben könne.
  • Ich erhielt den Hinweis, der zuständige Rechtsanwalt sei an diesem Tag nicht mehr im Haus: Ich möge doch in den nächsten Tagen erneut anrufen.

Deswegen glaube ich, dass ein Versuch der Kontaktaufnahme generell und auf dem direkten Weg im Besonderen nicht gerade erfolgversprechend gewesen wäre. Selbst mein Hinweis, ich sei ein Blogger und schreibe auch Artikel für eine Onlinezeitung, hat keine Glocken schrillen lassen.

Irgendwie hatte ich erwartet, dass der DOSB erkennen liesse Fehler gemacht zu haben. Das kam so (noch) nicht rüber. Aber offensichtlich weiß er noch nicht, welche Fehler vorhanden sind.

Was jetzt?

Der DOSB sollte an

  • seiner internen Kommunikation und seinen Zuständigkeiten. arbeiten.
  • seiner Kommunikation nach und mit außen arbeiten. 
  • seiner Krisenbewältigung arbeiten.

Die Stellungnahme von Michael Schirp war ein guter Schritt in die richtige Richtung. Aber es war nur ein kleiner Schritt, der noch nicht weit genug reichte.

Vielleicht war er auch nur deswegen noch nicht so weit, weil der Schritt schnell und unvorbereitet erfolgen musste.

Ich hatte gehofft, dass es am Freitag Abend ein für beide Seiten erfolgreiches Gespräch gegeben hätte. Deswegen hatte ich diesen Artikel auch eigentlich nicht schreiben wollen. Jedoch entschloss ich mich aufgrund Jörg Holzmüllers Kommentar bei Medienrauschen um 23:38 Uhr doch dazu:

Irgendwie scheinen andere bezüglich einer Annäherung mehr zu wissen als wir. Haben wir irgenwie nicht mitbekommen. 

Technorati Tags: Saftblog, DOSB, Abmahnung, Olympische Disziplin

Update (16.12.): Als ich den Artikel abschickte war es mittlerweile nach Mitternacht, daher stimmten die Zeitangaben ("gestern") nicht mehr. Wurde von mir (wie auch grammatikalische / Rechschreibfehler) korrigiert.

Update 2 (16.12.): Kirstin Walther hat heute morgen um 1:32 Uhr im Saftblog einen Artikel geschrieben "Damit sich übers Wochenende keine Gerüchte entwickeln…". Offensichtlich scheint es wirklich nicht einfach zu sein, mit dem DOSB in Kontakt zu treten. Aber irgendwie bin ich heute Vormitag auch wieder etwas optimistischer gestimmt als kurz nach Mitternacht…

Autor: Frank Hamm

Frank Hamm](https://frank-hamm.com) (* 14. April 1961 in Ingelheim am Rhein) ist ein deutscher Kommunikationsberater, Blogger und Autor. Hamm lebt in der Ortsgemeinde Selzen (Rheinhessen). Im INJELEA-Blog behandelt er seit 2005 Fachliches aus Kommunikation, Produktivität, Kollaboration und Intranets. Als Der Entspannende berichtet Hamm über Wandern, Genuss und Kultur in Deutschland. Sein gleichnamiges Blog gehört zu den etablierten deutschsprachigen Wanderblogs. Subjektives aus Raum und Zeit veröffentlicht er in seinem Kolumnen-Blog Der Schreibende. In den Sozialen Medien ist Hamm aktiv auf Twitter als @DerEntspannende und als @fwhamm, auf Facebook als Der Entspannende und auf Instagram als Der Entspannende. Nachrichten und Anfragen beantwortet Hamm per E-Mail via frank@frank-hamm.com.