Frank Kerkau fragt im Luftfahrt-Blog "Tornado-Flüge: Wem untersteht die Luftwaffe?" und kommt zu dem Schluss:
Dennoch haben Verteidigungs- und Innenminister die volle Verantwortung über ihre Truppenteile. Sie haben sicherzustellen, dass sich ihre Untergebenen an Gesetze, Befehle und Weisungen halten. Die Schuld auf mittlere und untere Dienstränge abzuwälzen, ist falsch.
Mir fiel dazu ein elementarer Satz aus meiner Offizierausbildung 1980/91 an der Offizierschule der Luftwaffe (OSLw) ein:
Verantwortung ist nicht delegierbar
Frank stimmt mir zu:
In einer Kommandostruktur erscheint mir das besonders wichtig. Man kann Aufgaben delegieren. Die Verantwortung für deren Erfüllung trägt der Führende und muss sie durch Schaffung von Rahmenbedingungen, Auswahl von befähigten Personen und seiner Unterstützung wahrnehmen.
Politiker
Das ist zwar in einer Kommandostruktur besonders wichtig, aber ebenso bei vielen Politikern. Sie diskutieren, kämpfen für / gegen / mit Lobbyisten und verabschieden Gesetze. Und dann stimmen oft die Rahmenbedingungen nicht.
Ein Beispiel aus dem Gesundheits(un)wesen, das ich miterlebt habe:
Zum 1. Januar 1996 wurde eine neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit radikalen Änderungen verabschiedet. Die Bundestagssitzung und die anschließende Veröffentlichung fand aber erst kurz vor Weihnachten statt. Die Softwareunternehmen hatten viel vorbereitet, aber die endgültige Fassung hatte dann doch noch Änderungen. Alles musste dann aber nach den Vorgaben der Politiker ruck-zuck umgesetzt sein.
Nach der Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch des Warschauer Pakts wurden aus den ehemals knapp 700.000 Soldaten (Bundeswehr und NVA) sehr schnell viel weniger – jetzt sind es noch 250.000 Soldaten. Verantwortungsvolles Handeln wäre eine Neuorientierung und die Festlegung der Aufgaben der neuen Streitkräfte gewesen. Daraufhin hätte der Soldaten- und der Materialbedarf ermittelt und dies umgesetzt werden müssen.
Mein Eindruck und meine Meinung: Es war aber so, dass Personal und Material radikal zusammengestrichen wurden. Dann kamen zunehmend, ad-hoc und isoliert neue Einzelaufgaben dazu. Anschließend wurde und wird immer wieder versucht, alles irgendwie zusammen zu kleistern. Und jetzt? Jeder kann sich durch das Weißbuch der Bundeswehr seine eigene Meinung bilden. Ich sag mal lieber nichts ;-)
Bei Politikern gibt es dann aber die Übernahme der politischen Verantwortung. Die sieht dann oft so aus:
- Große Pressekonferenz mit großen Worten ("Ich übernehme die politische Verantwortung").
- Ankündigung von
- Gnadenloser Aufklärung und Bestrafung der Verantwortlichen, d.h. außer Bauern opfern geschieht nichts
oder - eigenem Rücktritt mit äußerst zerknirschtem Gesicht, d.h. Annahme von Positionen in der freien Wirtschaft und zusätzlichem Gehalt
- Gnadenloser Aufklärung und Bestrafung der Verantwortlichen, d.h. außer Bauern opfern geschieht nichts
Ich bin sehr gespannt, ob und welche Verantwortung Herr Jung übernimmt…
Unternehmen
Führungskräfte in Unternehmen sollten von einer jahrhundertealten Branche (dem Militär) und deren Erfahrung lernen und Verantwortung nicht nur als Wert anerkennen sondern auch wahrnehmen, dass sie an einem kleben bleibt. Dauerhaft und fest.
Es reicht nicht, Aufgaben mit Allgemeinplätzen und nicht hinreichend qualifiziert zu delegieren und dann im Konfliktfall (bei den Mitarbeitern!) den Kopf zu schütteln und darauf zu verweisen: "Ich habs ja delegiert, sie haben Mist gebaut!". Oder dann auch die "politische Verantwortung" zu übernehmen.
Fehlertoleranz
Jedoch bedeutet eine nicht delegierbare Verantwortung auch, dass jeder in Unternehmen eine Fehlertoleranz entwickeln sollte. Sowohl gegenüber seinen Kollegen, seinen Mitarbeitern als auch seinen Führungskräften gegenüber. Jedem sollte ein Fehler zugestanden werden. Damit derjenige seine Verantwortung dauerhaft ausüben kann, indem er die Folgen seiner Fehler aufräumt, aus seinen Fehlern lernt und die Chance erhält ein guter Mitarbeiter oder eine gute Führungskraft zu werden.