Warum ein PR-Konzept?

Gerade beende ich beim Abarbeiten meines Lesestaus das Lesen des Handb…


Gerade beende ich beim Abarbeiten meines Lesestaus das Lesen des Handbuchs der Public Relations von Günter Bentele, Romy Fröhlich, und Peter Szyszka. Im Kapitel "Konzeption strategischer PR-Arbeit" von Michael Behrent stolpere ich über den allerersten Satz:

Jede professionelle, d.h. arbeitsteilige und zielgerichtete PR für Institutionen, Produkte, Themen oder Personen braucht als Grundlage ein Konzept.

Das erscheint zunächst offensichtlich sowie keiner weiteren Ausführungen nötig. Doch in der Praxis wird gerade dem Konzept wenig Stellenwert und Aufmerksamkeit eingeräumt. Aufgrund einer kurzen Bemerkung oder eines Brainstormings wird sofort mit Maßnahmen und Projekten begonnen.

Doch was bedeutet das Erstellen eines PR-Konzepts oder Kommunikationskonzepts? Ein Nachschlagen in Wikipedia zu "Konzeption" ergibt:

Eine Konzeption […] ist eine umfassende Zusammenstellung der Ziele und daraus abgeleiteten Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung eines größeren und deshalb strategisch zu planenden Vorhabens. Sie beinhaltet die dazu notwendigen Informationen und Begründungszusammenhänge, häufig darüber hinaus auch eine Chancen-Risiken-Abwägung und einen Zeit- und Maßnahmenplan.

Was für "Konzeption" im Allgemeinen gilt, das gilt im Allgemeinen auch für ein PR-Konzept. Grund für mich zu allgemeinen, losen Gedanken:

Grundlage, Zusammenhänge

Bevor ich überhaupt loslege bzw. losrenne muss ich mir über meine Situation klar werden. Was ist die Grundlage? In welchen Zusammenhängen befinde ich mich (u.U. Restriktionen)? Nur wenn ich mir über den Kontext im Klaren bin, dann eröffnen sich mir meine Möglichkeiten und Optionen.

Chancen/Risiken

Im Rahmen der Zusammenhänge und Situation gibt es Chancen, die ich nutzen kann, und Risiken, die ich vermeiden (bzw. mich darauf vorbereiten) kann. Im Zusammenhang mit internen Stärken und Schwächen verschafft mir eine SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities, Threats) die Optionen, die sich mir bieten.

Eine andere Möglichkeit zur Situationsanalyse stellt die Balanced Scorecard da (die ich jedoch für wesentlich aufwändiger halte).

Ziele, zielgerichtet

Eine Frage sollte ich hinreichend beantworten können: Was will ich alles erreichen? Eine Frage sollte ich mit "Nein" beantworten: Will ich alles erreichen?

Dies sollte geschehen, bevor ich loslege und bereits die ersten Maßnahme treffe bzw. umsetze. Ziele engen meinen Weg ein, aber sie konzentrieren meine Ressourcen auf das Wesentliche. Ziele bedeuten das Vermeiden von Missverständnissen. Sie sollten deswegen von allen "Entscheidungsträgern" auch gemeinsam entschieden werden. Ein reines und kurzes Abnicken in Gesprächen oder Emails hält nur bis zum nächsten Mittagessen (Management by Lunch: Führungskräfte treffen sich informell zum Mittagessen und verhandeln über offizielle Entscheidungen). Später will jeder immer alles etwas anders verstanden und gesagt haben. Oder auch genau so, weil es so eintrat.

Zielgerichtet bedeutet das Weglassen von Unwesentlichem, das mich ablenkt und meine Ressourcen verschwendet.

Strategien, Planen

Laut Wikipedia ist eine Strategie "ein längerfristig ausgerichtetes planvolles Anstreben einer vorteilhaften Lage oder eines Ziels". Damit konzentriere und plane ich meine Ressourcen. Jedoch schlage ich einen Weg ein, der für andere nachvollziehbar wird. Das Unternehmen wird verläßlich, und die Personen des Unternehmens werden authentisch.

(Anmerkung: Ich bin mir nicht sicher, ob Unternehmen authentisch sein können. Ich glaube eher nicht.)

Dies bedeutet nicht, auf Gedeih und Verderb an Strategie und Planung festzuhalten. Aber eine saubere SWOT-Analyse verschafft mir die Möglichkeit im Rahmen der Strategie auf Veränderungen einzugehen. Bei umfangreichen externen Einflüssen wird ein Stakeholder die Notwendigkeit von Veränderungen anerkennen – wenn ich zuvor als verläßlicher Partner erkannt wurde.

Maßnahmen, arbeitsteilig

Maßnahmen orientieren sich an der Strategie und der abgeleiteten Planung. Menschen setzen diese Maßnahmen arbeitsteilig um. Gerade hier offenbart sich der Nutzen eines Konzepts. Nur wer den Rahmen kennt, der wird eigenverantwortlich umsetzen können und auch bei operativen Hindernissen selbständig die Maßnahmen "on track" halten können.

Ein Konzept verhindert, dass in jedem Einzelfall über Maßnahmen in einer Grundsatzentscheidung befunden werden muss – die nur bis zum nächsten Einzelfall hält.

Meine Meinung

Was nicht dokumentiert ist, das existiert nicht. Lockere Bemerkungen im Gespräch am Kaffeeautomaten, ein Halbsatz im einer Präsentation ("Sowas will ich haben") sind Anregungen und können eine Basis für weiteres Arbeiten sein. Sie sind keine Festlegungen, die jeder kennt (oder zumindest kennen könnte). Nur, was dokumentiert ist, darüber kann es ein konsistentes und übereinstimmendes Bewusstsein geben. Innerhalb eines Projektteams oder zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.

Ein PR-Konzept oder Kommunikationskonzept sollte keine wissenschaftliche Abhandlung sein. Aber es sollte eine bewusste Grundlage und ein Leitfaden zur Erreichung von gemeinsamen Zielen und eines Weges dorthin sein. Ein PR-Konzept kann sich auf eine konkrete Kampagne beziehen, aber es kann auch die PR-Arbeit eines Unternehmens für die nächsten Jahre vorbereiten und planen.

Für jedes Konzept sollte ich regelmäßige oder kontinuierliche Überprüfung einplanen (Stimmen die Grundlagen noch? Wie reagieren die Öffentlichkeiten wirklich?). Bei einem langfristigen Horizont bietet sich eine rollierende Überprüfung und Planung des Konzepts an (z.B. jedes Jahr im Sommer für die nächsten zwei Jahre).

Lesetipps für den Praktiker

Kurz und knapp

Wenn wir heute nicht wissen, wohin wir wollen, dann sollten wir uns morgen nicht wundern, wenn wir woanders angekommen sind.

 (Quelle und Wortlaut unbekannt)

Autor: Frank Hamm

Frank Hamm](https://frank-hamm.com) (* 14. April 1961 in Ingelheim am Rhein) ist ein deutscher Kommunikationsberater, Blogger und Autor. Hamm lebt in der Ortsgemeinde Selzen (Rheinhessen). Im INJELEA-Blog behandelt er seit 2005 Fachliches aus Kommunikation, Produktivität, Kollaboration und Intranets. Als Der Entspannende berichtet Hamm über Wandern, Genuss und Kultur in Deutschland. Sein gleichnamiges Blog gehört zu den etablierten deutschsprachigen Wanderblogs. Subjektives aus Raum und Zeit veröffentlicht er in seinem Kolumnen-Blog Der Schreibende. In den Sozialen Medien ist Hamm aktiv auf Twitter als @DerEntspannende und als @fwhamm, auf Facebook als Der Entspannende und auf Instagram als Der Entspannende. Nachrichten und Anfragen beantwortet Hamm per E-Mail via frank@frank-hamm.com.